Die glücklichen unter uns, die schon einmal die Erfahrung machten, mit gebrochenem Herzen und seltsamem Zombie-Blick durchs Leben zu wandeln, kennen sie: die reinigende Kraft der Herzschmerzen. Nichts hilft so sehr, die etwas antiquierten aber vielleicht gerade deswegen so kleidsamen Tugenden der Empathie, Toleranz, Dankbarkeit und Demut dermaßen vollendet zu entfalten, wie ein paar Wochen Intensivcamp im Tal der Tränen.
(Und die wirklich glücklichen unter uns haben diese Erfahrung nur einmal gemacht, der wundervolle positive Effekt einmal erreicht, verliert sie ja jeden Reiz und nervt nur mehr, Auffrischungsimpfungen in diesem Fall nein danke, absolut unerwünscht.)
Aber was tun, wenn man gerade in der Phase gefangen ist, in der die ganze Welt auf den einen schmerzhaften Punkt zusammenschrumpft, auf die nicht-mehr-Anwesenheit des scheinbar einzig heilbringenden Menschen?
(„Schreib deine Diplomarbeit“ – würde wohl meine Mama sagen, aber das ist doch schon so lange her… Trotzdem, danke Mama!)
Freundinnen vollquatschen mit individuell fein abgestimmter Alkoholbegleitung ist wohl der Rettungsreifen Nr. 1 und es gibt tatsächlich nichts Besseres, als stundenlange, von verständnisvollem Nicken und Zustimmungsbekundungen begleiteten Monologe über die Herrlichkeit und gleichzeitiger Niederträchtigkeit des Verflossenen.
Aber leider ist die Zeit der Freundinnen meistens knapper bemessen als der Schmerz (noch dazu, wenn sie – oh Ironie des Schicksals – eigene glückliche Beziehungen pflegen) und so verbleiben immer noch endlose Stunden, in denen man schutzlos seinem größten Feind, dem Selbstmitleid ausgeliefert ist.
Der dramatische Griff zur Familienpackung Eiscreme ist schnell da, aber ebenso schnell die Erkenntnis, dass dieser eigentlich nur in den amerikanischen mainstream Filmen wirklich effektvoll ist – bei näherer Analyse ist auch die Ursache schnell gefunden: es ist nicht die meist wenig attraktive Plastikbox und auch nicht der unnötige Zuckerschock, die diese fast schon archaische Geste in einem schmeichelhaften Licht erstrahlen lassen: Es ist die Musik im Hintergrund die aus der Leidenden eine vielbeachtete Kinoheldin zaubert.
Also warum nicht gleich bei der Musik bleiben? Körper und Umwelt bedanken sich sofort und ja – für die Seele ist sie, glaube ich, auch viel effizienter.
Aber welche Musik hören?
Hier gibt es 2 Ausprägungen: die Kämpferischen unter uns bevorzugen „I will survive“ und Co. und diese helfen wirklich (vor allem in Verbindung mit intensivem Joggen und Rollerbladen) um die ersehnte Balance, zumindest zeitweise, wiederzufinden.
Bringt man aber gerade nicht die Kraft auf, die vor Mut strotzenden Botschaften nicht als Hohn aufzufassen, bleiben noch die Herzschmerzsongs: diese pressen einem das letzte Quäntchen Tränen, Erinnerungen, betrogene Hoffnungen, Leid und Selbstmitleid ab und beschleunigen somit zwar schmerzhaft, aber sehr effizient den Heilungsprozess.
Danach kann man, quasi als Wechselbad, wieder zu „Go to hell“ Songs greifen.
Hier noch eine kleine Sammlung meiner Lieblings-Heartbreak Songs – was sind Eure Favoriten?
Die Blockbuster:
Sinead`O`Connor – Nothing Compares to you
No Doubt – Don´t Speak
Bonnie Tyler – Total Eclipse of he Heart
The Beatles – Yesterday
Die persönlichen Lieblingsschnulzen:
George Michael – Kissing a Fool
Natalia Imbruglia – Torn
Patricia Kaas – Coeurs Brisés
Sinead`O`Connor: Thank you for Hearing me
Sam Phillips – If I Could Write
(besonders empfehlenswert für Gilmore Girls Fans)
Leiden mit Stil:
Amy Winehouse – Back to Black
Sade – King of Sorrow
Leonard Cohen – A Thousand Kisses Deep
Vaya Con Dios – What´s a Woman
Nancy Sinatra – Bang Bang
Die Superkitsch Sektion:
Skeeter Davis – My Last Date
Madonna – Take a Bow
Und die Sonderkategorie:
Es gibt einen eigentlich recht banalen, aber doch schönen kleinen Film mit Michel Piccoli und Romy Schneider, „Les Choses de la vie“, in dem sie todtraurig La Chanson D´Hélène“ daherflüstert und er – als wäre der Song nicht schon schlimm genug – einige Zeilen spricht:
Je t’aimais tant Hélène
Il faut se quitter
Les avions partiront sans nous
Je ne sais plus t’aimer Hélène
…
C’est mieux ainsi Hélène
C’était l’amour sans amitié
Il va falloir changer de mémoire
Je ne t’écrirai plus Hélène
… und wenn ihr diese Zeilen über die Runden bringt, mit lediglich einem kleinen, nostalgischen Lächeln, dann seid ihr geheilt! Adieu Herzschmerz, auf Nimmerwiedersehen!
Ich sage es mit Edith Piafs Worten (sofern sie auch den Text geschrieben hat – obwohl gerade nachgeschaut der Text ist von einem gewissen Michel Vaucaire) – Non, je ne regrette rien.
Immer und immer und immer und immer und immer wieder.
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Where there is desire
There’s gonna be a flame
Where there is a flame
Someone’s bound to get burned
But just because it burns
Doesn’t mean you’re gonna die
You’ve gotta get up and try, try, try
You’ve gotta get up and try, try, try
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Bei dem Satz über die Diplomarbeit erinnere ich mich an den Spruch eines Profs: „Leiden Sie nicht, schreiben Sie.“
– Nur ein Song aus einer möglichen längeren Liste: Neil Young, „Heart of Gold“ von der Harvest-Platte.
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